EBA-Leitlinien zu begrenzten Netzen – Müssen bald alle Institute ihre unregulierten Zahlungsinstrumente zurückrufen? | Payment Services Law Blog | GÖRG Blog

EBA-Leitlinien zu begrenzten Netzen – Müssen bald alle Institute ihre unregulierten Zahlungsinstrumente zurückrufen?

Nach der Bereichsausnahme des begrenzten Netzes von Dienstleistern oder des sehr begrenzten Produktangebots (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 lit. a und b ZAG; Art 3 lit k PSD II) können nicht nur unregulierte Unternehmen Zahlungsinstrumente emittieren, auch regulierte Institute mit entsprechender Lizenz können solche ausgeben, ohne in diesem Fall als Zahlungsdienstleister bzw. E-Geld-Emittent zu gelten. Für das Zahlungsinstrument, welches unter der Bereichsausnahme ausgegeben wird, sind die Institute von den für sie ansonsten geltenden aufsichtsrechtlichen Anforderungen befreit.

Die seit dem 01. Juni 2022 in Kraft getretenen Leitlinien der EBA über die Ausnahme für begrenzte Netze gemäß der PSD2 (EBA/GL/2022/02) fordern nun eine klare Kennzeichnung dieser von regulierten Instituten ausgegebenen nicht regulierten Zahlungsinstrumente, um Verbraucher über die Risiken zu informieren. Was nun mit bereits ausgegebenen Zahlungsinstrumenten passieren soll, insbesondere ob die BaFin eine Rückforderung und Vernichtung anordnen kann, bleibt jedoch unklar.

Das Problem: Leitlinie 5

Ein Institut, das für ein spezifisches Zahlungsinstrument von der Bereichsausnahme des begrenzten Netzes von Dienstleistern oder des sehr begrenzten Waren oder Dienstleistungsspektrums Gebrauch macht, muss gemäß Leitlinien 5.2 und 5.3 der EBA Leitlinien auf die mangelnde aufsichtsrechtliche Regulierung hinweisen. Dies hat visuell auf dem entsprechenden Zahlungsinstrument zu geschehen.

Zahlungsinstitute, die ein Zahlungsinstrument vor dem Inkrafttreten der Leitlinien emittiert haben, haben diese wohl nicht mit einer solchen Information versehen. Freilich sind diese Zahlungsinstrumente weiterhin im Umlauf.

Leitlinie 5.4. bestimmt, dass die BaFin im Falle einer Nichtbefolgung aufsichtsrechtliche Maßnahmen ergreifen kann. Offen bleibt jedoch, wie weitreichend die Kompetenzen der BaFin hinsichtlich dieser Maßnahmen sind. Insbesondere erscheint fraglich, ob sie anordnen kann, bereits emittierte Zahlungsinstrumente ohne Hinweis im Sinne von Leitlinie 5.2 und 5.3. zurückzurufen.

Man könnte sich fragen, ob ähnlich wie bei Gesetzen ein Rückwirkungsverbot angenommen werden kann.

Die Leitlinien sind im Gegensatz zu Gesetzen nicht direkt demokratisch legitimiert und auch nicht rechtlich bindend. Doch die nationalen Aufsichtsbehörden trifft vor allem durch die Pflicht zur Mitteilung im Falle einer Nichtbefolgung ein erheblicher Befolgungsdruck. Es kann sich mithin auch nicht um reine Empfehlungen handeln, deren Nichtbeachtung außer Acht bleiben könnte.

Dieser rechtverbindliche Charakter der Leitlinien legt den Schluss nahe, dass hier im Sinne der Rechtstaatlichkeit zumindest eine Interessensabwägung zu treffen ist. Jedenfalls haben die Institute im Moment der Ausgabe auf die Rechtmäßigkeit vertraut, da sie den Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG nachgekommen sind. Es ist mithin ein erhebliches Vertrauen begründet worden. Ob die BaFin nun aufgrund nachträglich veröffentlichter Leitlinien eine Rückforderung der Zahlungsmittel fordern darf, bleibt somit mehr als fraglich.

Und jetzt?

Dass eine Pflicht zur Aufklärung besteht, scheint bei den allermeisten Instituten noch nicht angekommen zu sein. Jedenfalls lässt sich beobachten, dass weiterhin Zahlungsinstrumente im Sinne dieser Leitlinien ohne einen entsprechenden Hinweis ausgegeben werden. Da nicht klar ist, welche Konsequenzen diese Nichtbefolgung nach sich ziehen kann, ist Unternehmen dringend zu raten, Zahlungsinstrumente zukünftig entsprechend den Vorgaben anzupassen.

Es bleibt abzuwarten, ob sich EBA und BaFin zu dieser Problematik äußern und die drohenden Konsequenzen präzisieren. Zum jetzigen Zeitpunkt ist festzuhalten, dass die fehlende Information über die zukünftige Verwaltungspraxis zu einem erheblichen Maß an Rechtsunsicherheit führt.

Zu dem finalen Entwurf der EBA für Leitlinien über die Anwendung der „limited loop“ Ausnahme gemäß der PSD2 berichteten wir bereits im Legal Update #2 vom 05. Mai 2022.

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