Distributed Ledger Technology im „Sandkasten“ - Heute (22.6.2022) tritt die EU-DLT-Pilotregulierung in Kraft | Payment Services Law Blog | GÖRG Blog

Distributed Ledger Technology im „Sandkasten“ - Heute (22.6.2022) tritt die EU-DLT-Pilotregulierung in Kraft

Bei der Konzipierung des derzeit geltenden rechtlichen Rahmens für die Regulierung von Finanzdienstleistungen hatte der europäische Gesetzgeber vor allem traditionelle Finanzdienstleistungen im Sinn. Dies hat zur Folge, dass neuartige Technologien und Produkte, insbesondere die Distributed-Ledger-Technologien („DLT“) und Kryptovermögenswerte, sehr umfassender Regulierung unterworfen sind, was Innovation bisweilen hindert. Andererseits können neuartige Entwicklungen bisher unbekannte Risiken bergen.

Als Teil des Digital Finance Package hat der EU Gesetzgeber deshalb zur Förderung eines digitalen Finanzwesens die Verordnung (EU) 2022/858 vom 30. Mai 2022 über eine Pilotregelung für auf Distributed-Ledger-Technologie basierende Marktinfrastrukturen (DLT-Pilotregelung) erlassen, die am 02. Juni 2022 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde, heute, am 22.6.2022, in Kraft tritt und ab dem 23. März 2023 gilt.

Ziel der DLT-Pilotregelung

Im Rahmen der DLT-Pilotregelung werden bestimmte DLT-Marktinfrastruktur-Betreiber von einigen Vorschriften des aktuellen Regulierungssystems ausgenommen, damit diese in einer Testumgebung Handels- und/oder Abwicklungsdienstleistungen für Finanzinstrumente unter Verwendung von DLT- und Blockchain-Technologie erbringen können. („Sandbox“). So soll die Entwicklung von DLT im Finanzumfeld bei gleichbleibenden Standards für Anlegerschutz, Marktintegrität, Finanzstabilität und Transparenz gefördert werden. Zudem sollen rechtliche Hindernisse, die der Einführung der DLT im Wege stehen, erkannt und beseitigt werden. Die gewonnenen Erkenntnisse wird der EU Gesetzgeber dann in den Entscheidungsprozess für neuartige Regelung im Finanzbereich einfließen lassen.

Wer und was ist erfasst?

Von der DLT-Pilotregelung erfasste DLT-basierte Marktinfrastrukturen sind namentlich multilaterale Handelssysteme (DLT MTF), Abwicklungssysteme (DLT SS) sowie Handels- und Abwicklungssysteme (DLT TSS).

DLT-Finanzinstrumente sind Krypto-Vermögenswerte, die als Finanzinstrumente gelten und die in einem Distributed Ledger emittiert, transferiert und gespeichert werden. Die DLT Pilotregelung ist dabei beschränkt auf.

  • Aktien, deren Emittent eine Marktkapitalisierung oder eine voraussichtliche Marktkapitalisierung von weniger als 500 Mio. EUR aufweist;
  • Anleihen oder andere Formen verbriefter Schuldtitel, oder Geldmarktinstrumente mit einem Emissionsvolumen von weniger als 1 Mrd. EUR, und
  • Anteile an Organismen für gemeinsame Anlagen mit einem Marktwert der verwalteten Vermögenswerte von weniger als 500 Mio EUR.

Sowohl Betreiber von bereits bestehenden DLT-Marktstrukturen also auch Markteilnehmer, die neu in den Markt eintreten wollen, können bei der zuständigen nationalen Behörde beantragen in das Pilotregime aufgenommen zu werden, um von den Ausnahmebestimmungen Gebrauch machen zu können. Die DLT-Pilotregelung ist fakultativ, d.h. Marktteilnehmer sind nicht gezwungen einen Erlaubnisantrag zur Aufnahme in das Pilotregime zu stellen, sondern können frei entscheiden, ob sie der Verordnung oder dem derzeit geltenden Regulierungsrahmen unterliegen wollen

Wann gilt das?

Die DLT-Pilotregelung gilt ab dem 23. März 2023. Ab diesem Zeitpunkt steht es den Markteilnehmern offen eine entsprechenden Erlaubnisantrag unter dem DLT Pilot-Regime zu beantragen. Bis dahin arbeitet die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) Leitlinien zur Festlegung von Standardformularen, Standardformaten und Mustertexten für die Antragsstellung aus.

Fazit

Durch die Pilotregelung wird es sowohl Marktteilnehmern als auch Aufsichtsbehörden ermöglicht, sich mit der DLT und den damit verbundenen Herausforderungen vertraut zu machen. Die Sandbox schafft eine Umgebung, in der gleichzeitig Innovation gefördert werden kann als auch die Industrie und der Regulator die Risiken, die im Zusammenhang mit Finanzdienstleistungen auftreten können, besser kennenlernen. Deshalb erscheint es mehr als angebracht, ein eigenes Ökosystem für einen Testlauf zu schaffen.

Die Etablierung von DLT-Technologien steht zwar in Europa und Deutschland noch am Anfang, jedoch scheint es im Hinblick auf den rasanten technologischen Fortschritt der letzten Jahre sehr verantwortungsbewusst, den rechtlichen Rahmen im Bereich des Finanzwesens zu überdenken.

Inwieweit die praktischen Erfahrungen letztlich wirklich in zukünftige gesetzliche Regelungen einfließen werden, bleibt abzuwarten.

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