Über die Einzigartigkeit als Eigenschaft – BaFin veröffentlicht Stellungnahme zur aufsichtsrechtlichen Einordnung von NFT | Payment Services Law Blog | GÖRG Blog

Über die Einzigartigkeit als Eigenschaft – BaFin veröffentlicht Stellungnahme zur aufsichtsrechtlichen Einordnung von NFT

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat am 08.03.2023 in einem umfangreichen Fachartikel einen Überblick über ihre aktuelle Aufsichtspraxis zum Thema Non-Fungible Token (NFT) veröffentlicht.

NFT im Fokus der Öffentlichkeit und Wirtschaft

Nicht erst seit bekannt wurde, dass die Erhaltungsarbeiten des Kölner Dom durch digitale Kunst in Form von NFT finanziert werden sollen, erregen NFT die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit. So beabsichtigt auch der Shopping- und Tech-Riese Amazon in absehbarer Zeit einen eigenen Markplatz für den Handel mit NFT zu eröffnen, Meta hat für Instagram und Facebook bereits NFT-Funktionalitäten freigeschaltet. Wie profitabel der Einbezug dieser neuartigen Technologien sein kann, zeigt sich nicht zuletzt auch am Beispiel von Nike. So kann der Modehersteller durch NFT bereits einen Umsatz von über 185 Millionen USD verzeichnen.

Unterscheidung zwischen technischer Eigenschaft und Inhalt

Bei NFT handelt es sich um kryptografische Token, die hauptsächlich auf einer Blockchain – eine besondere Form der Distributed-Ledger-Technology (DLT) – basieren. Während bei fungiblen Token zu jeder Adresse kein individueller Token, sondern nur der Anteil des Gesamtbestands verbucht wird, ermöglicht die technische Ausgestaltung der NFT eine eindeutige Zuordnung der Token zu einer bestimmten Adresse auf der Blockchain und bewirkt somit, dass NFT untereinander nicht austauschbar („non-fungible“) sind.

Die Zuordnung vollzieht sich durch einen einmalig generierten und einmalig vorkommenden Datensatz, denn NFT sind zu ihrer individuellen Identifikation mit einem eindeutigen Hashcode versehen und daher einzigartig. In ihrem Fachartikel unterscheidet die BaFin ausdrücklich zwischen dieser technischen Eigenschaft von Token und den ihnen zugewiesenen Rechten und Inhalten und bezieht sich für ihre Stellungnahme ausschließlich auf technische Eigenschaften der Token.

Aufsichtsrechtliche Einordnung im Überblick

Die BaFin gibt einen Überblick über die mögliche aufsichtsrechtliche Einordnung von NFT-Varianten. Hier spielen die einzelnen Tatbestände des Finanzinstruments i.S.d. § 1 Abs. 11 S. 1 Nr. 1 KWG (Anteile an Unternehmen), Nr. 2 (Vermögensanlagen), Nr. 3 (Schuldverschreibungen), Nr. 8 (Derivate) bzw. als Wertpapier nach § 2 Abs. 1 WpHG i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 MiFID II (Wertpapier) eine Rolle.

Voraussetzung für die Annahme eines Wertpapiers wäre insbesondere Übertragbarkeit sowie Handelbarkeit der NFT. Zudem müsste eine Vergleichbarkeit mit idealtypischen Wertpapieren (z.B. Aktien) bejaht werden. Bei den meisten NFT wird zwar eine Übertragbarkeit anzunehmen sein, doch setzt die Handelbarkeit ein Mindestmaß an Standardisierung, mithin die Eigenschaften der Token als mit gleichen Rechten ausgestattet, voraus. Hier kommt es auf die konkrete Ausgestaltung der NFT und den ihnen zugewiesenen Rechten an. Häufig weisen NFT diese Eigenschaft nicht auf, da es sich um Unikate handelt, welche nicht austauschbar sind. Ebenso scheidet in aller Regel die Einordnung als Wertpapier aus, da die NFT keine vermögensmäßigen oder mitgliedschaftlichen Rechte vermitteln und es somit an der Wertpapierähnlichkeit fehlt.

Die BaFin betont jedoch, dass eine Einordnung als Wertpapier in Zukunft insbesondere dann denkbar ist, wenn erworbene NFT Rückzahlungs- und Zinsansprüche in gleicher Höhe vermitteln würden.

Scheidet die Einordnung als Wertpapier aus, so bleibt subsidiär die Möglichkeit der Qualifizierung als Vermögensanlage gem. § 1 Abs. 11 S. 1 Nr. 2 KWG i.V.m. § 1 Abs. 2 VermAnlG. Eine solche Einordnung hält die BaFin durchaus für möglich. Dies wäre dann der Fall, wenn es sich aufgrund der besonderen Ausgestaltung des NFT um eine Unternehmensbeteiligung, § 1 Abs. 2 Nr. 1 VermAnlG, ein partiarisches Darlehen oder Nachrangdarlehen, § 1 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VermAnlG, ein Genussrecht, § 1 Abs. 2 Nr. 5 VermAnlG, oder eine sonstige Anlage, § 1 Abs. 2 Nr. 7 VermAnlG und es sich um die zeitweise Überlassung von Geldern handelt.

Es bleibt beim Einzelfall – hilfreiche Konkretisierung des Anlagezwecks

Nach bisher gelebter und nun erneut betonter Aufsichtspraxis der BaFin verbieten sich mithin pauschale Aussagen über die Einordnung von NFT als Finanzinstrument. Insbesondere macht die Unterscheidung von technischer Eigenschaft und Inhalt eine Qualifizierung als Finanzinstrument wie oben gezeigt zumindest möglich.

Im Einzelfall kann die Betrachtung ferner ergeben, dass es sich bei den NFT um Kryptowerte i.S.d. § 1 Abs. 11 S. 1 Nr. 10 KWG handelt. Kryptowerte sind digitale Darstellungen eines Wertes, die von Dritten als Zahlungsmittel akzeptiert werden oder Anlagezwecken dienen. So betont die BaFin in ihrem Fachartikel, dass der bloße Umstand, dass Nutzer mit einem NFT spekulieren, also über den An- und späteren Verkauf einen Gewinn realisieren können, nicht ausreicht, um bei der betroffenen NFT-Kategorie objektiv von einem Anlagezweck ausgehen zu können. Im Rahmen der Prüfung soll es daher sowohl auf die mit den Token verbundenen Rechte ankommen, als auch auf die Werbeaussagen der Emittentin oder mit dem Vertrieb beauftragten Dritten. Sollte dabei zum Beispiel eine besondere Eignung der angebotenen NFT zur Geldanlage herausgestellt werden, könnte laut der BaFin ein Kryptowert anzunehmen sein.

BaFin erkennt Geldwäscherisiko

NFT sind grundsätzlich wegen ihrem Handel gegen Kryptowährungen, der teilweisen hohen Volatilität ihres Marktwertes und ihrer Attraktivität für den Kunsthandel zur Geldwäsche geeignet.

Die BaFin weist deswegen auf die generelle Missbrauchsgefahr von NFT zur Geldwäsche unabhängig von der aufsichtsrechtlichen Einordnung hin. Bleibt ein NFT jedoch unterhalb der Schwelle eines Finanzinstruments, ist eine geldwäscherechtliche Aufsicht ausgeschlossen. Die BaFin will deshalb abwarten, ob die bisherigen gesetzlichen Grundlagen ein effektives behördliches Vorgehen ermöglichen oder NFT-Technologien einer expliziten Regulierung bedürfen.

Wenn die dargestellten NFT-Varianten als Kryptowerte einzuordnen sind, können sich geldwäscherechtliche Pflichten für Kredit-, Finanzdienstleistungs- sowie Wertpapierinstitute als geldwäscherechtlich Verpflichtete gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GwG ergeben. Für die durch die Kryptowertetransferverordnung (KryptoWTransferV) speziell geregelten Sachverhalte sind gem. § 1 KryptoWTransferV verstärkte Sorgfaltspflichten zu erfüllen, wenn die genannten Institute Transfers von Kryptowerten i.S.v. § 1 Abs. 29 GwG i.V.m. § 1 Abs. 11 S. 1 Nr. 10 KWG und § 1 Abs. 11 S. 4 und 5 KWG durchführen.

NFT unter der MiCAR

Am 5. Oktober 2022 wurde eine vorläufige Einigung über die Verordnung über Märkte für Kryptowerte (2020/0265 (COD) – „MiCAR“) erzielt. Aufgrund der 18-monatigen Übergangsfrist (Art. 126 MiCAR-E) greifen die Regelungen der MiCAR voraussichtlich Ende 2024.

Kommt die aufsichtsrechtliche Bewertung im Einzelfall zu dem Ergebnis, dass es sich bei den fraglichen NFT nicht um Finanzinstrumente i. S. d. Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 MiFID II handelt, könnten sie als Kryptowerte i.S.d. des Art. 2 (1) MiCAR-E zu qualifizieren sein. Nach dem letzten Stand des Entwurfs gelten gem. Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 MiCAR-E die Regelungen grundsätzlich für sämtliche Kryptowerte, die eine digitale Darstellung eines Wertes oder eines Rechts enthalten, die elektronisch unter Verwendung der DLT- oder ähnlicher Technologie übertragen und gespeichert werden können (Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 MiCAR-E). Eine Ausnahme gilt für einzigartige und nicht untereinander austauschbare Token (Art. 2 Abs. 2a MiCAR-E). Hiervon wird in den Erwägungsgründen allerdings eine klarstellende Rückausnahme eröffnet. Laut Erwägungsgrund 6c des MiCAR-E sollen Teile („fractional parts“) solcher einzigartigen NFT nicht selbst als einzigartig bzw. non-fungible gelten. Das gilt insbesondere für die Ausgabe von „großen Serien“ oder „Kollektionen“ von NFT, welche dieselben Eigenschaften aufweisen.

NFT-Kollektionen und deren Bestandteile würden sodann in den Anwendungsbereich der MiCAR fallen. Unternehmen, die NFT-Kollektionen erstellen, müssen ein Whitepaper gem. Art. 4 (1) b. i.V.m. Art. 5 MiCAR vorlegen, in dem sie erklären, was ihr Produkt ist und wie es auf der Blockchain funktioniert. Je nach Ausgestaltung der NFT-Kollektion kann sich auch eine Erlaubnispflicht nach der MiCAR ergeben.

Es bleibt abzuwarten, ob der europäische Gesetzgeber eine Notwendigkeit sieht einzelne NFT-Geschäftsmodellen speziell zu regulieren.

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