Am Donnerstag, dem 3. April 2014, hat das Europäische Parlament den Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge (EU Parlament MIF-Verordnung ) verabschiedet. Rechtgrundlage für die Verordnung ist Art 114 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, der in seiner heutigen Fassung auf dem Vertrag von Amsterdam beruht. Danach erlassen das Europäische Parlament und der Rat gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses die Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, welche die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts zum Gegenstand haben. Eine Maßnahme, insbesondere eine Richtlinie oder eine Verordnung, wird danach im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen. Hierzu bedarf der Zustimmung des Parlaments mit einfacher Mehrheit und des Rates mit qualifizierter Mehrheit, da sog. Mitentscheidungsverfahren.
Am Donnerstag, dem 3. April 2014, hat das Parlament in der sogenannten „ersten Lesung“ den von ihm abgeänderten Entwurf der MIF-Verordnung verabschiedet. Diese Entscheidung übermittelt das Parlament an den Rat zur Beschlussfassung. Es bestehen nun zwei mögliche Wege des Verfahrensfortgangs. Billigt der Rat die vom Parlament vorlegte Verordnungsfassung, so ist diese Fassung erlassen. Das Gesetzgebungsverfahren ist beendet. Der Rat, bestehend aus jeweils einem Vertreter jedes Mitgliedstaats, entscheidet mit qualifizierter Mehrheit. Billigt der Rat die Fassung nicht, so übermittelt er seinen Standpunkt, d.h. eine abweichende Fassung, an das Parlament. Dieses ist sodann erneut zur Beschlussfassung aufgerufen. Auch die Kommission ist selbst nach Entscheidung des Parlaments noch befugt, ihren Vorschlag erneut zu ändern. Sie müsste diesen sodann erneut dem Parlament vorlegen.
Die Bestimmung der qualifizierten Mehrheit im Rat ist kompliziert und ändert sich zudem zum 1. November 2014. Bis dahin gilt das System des Vertrags von Nizza mit Stimmengewichtung und einer Mehrheit von 260 der 352 gewichteten Stimmen der Mitgliedstaaten. Ab 1. November 2014 besteht grundsätzlich dann eine qualifizierte Mehrheit, wenn 55% der Mitgliedstaaten, die dann jeweils eine Stimme haben, zugestimmt haben und diese zustimmenden Mitgliedstaaten zugleich 65% der Bevölkerung der Union ausmachen. Wird die „demographische Mehrheit“ nicht erreicht, kann der Beschluss gleichwohl angenommen werden, wenn weniger als 4 Mitglieder des Rates dagegen stimmen.
Da das Parlament nach dem Lissabon-Vertrag Mitrechtssetzungsorgan ist, begründet das Ende einer Wahlperiode das Ende seiner Befugnisse; nach Art. 214 Abs. 1 der Geschäftsordnung des EP gelten am Ende der letzten Tagung des Parlaments vor der Wahl sämtliche unerledigten Angelegenheiten des Parlaments als verfallen (Prinzip der legislativen Diskontinuität). Nach der jetzigen Verabschiedung der MIF-VO durch das Parlament könnte also theoretisch der Rat bis dahin die MIF-Verordnung mit den Änderungsvorschlägen des Parlaments annehmen. Dann wäre diese Verordnung so auszufertigen und zu erlassen. In der Praxis wird dies nicht stattfinden. Der Rat wird die Einbringung der Verordnung in das neu gewählte Parlament abwarten.